Liegt eine Vielzahl von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch Kleingewerbetreibende vor, können diese rechtsmissbräuchlich sein
LG Bochum, Urteil vom 7. April 2009, I-12 O 20/09
Wenn ein Gewerbetreibender Mitbewerber in einem solchen Umfang abmahnt, dass sein Kostenrisiko für diese Abmahnungen erheblich höher ist, als sein Umsatz, dann sind derartige Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
Dem vom LG Bochum mit o.a. Urteil entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein nebenberuflicher Anbieter von Tiernahrung hatte im Internet innerhalb eines Jahres vier Abmahnungen durch seinen Anwalt aussprechen lassen. Der Gesamt-Jahresumsatz des Abmahnenden lag unter € 2.500.
Das Landgericht ging davon aus, dass es unter Berücksichtigung dieses Umsatzes bei den Abmahnungen nicht ausschließlich um die Ahndung wettbewerbswidriger Werbung ging, sondern in erster Linie um die Generierung von Rechtsanwaltskosten für den Anwalt. Es führt in seinem Urteil aus:
„Gemäß § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Von einem Missbrauch ist daher auszugehen, wenn mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde Interessen und Ziele verfolgt werden, wobei ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele nicht erforderlich ist.“
LG Bochum, I-12 O 20/09
Abmahnung Wettbewerbsrecht: Indizien für sachfremde Motive
Diese ergaben sich für die Richter auch daraus, dass
- die gerügten Rechtsverstöße den Geschäftsbetrieb des Abmahnenden nicht unmittelbar gefährdet hatten und
- ohne erkennbaren Grund ein weit vom Sitz des Abmahnenden entfernt ansässiger Anwalt beauftragt wurde.
Das LG Bochum sah die dem Verfahren zugrundeliegende Abmahnung im Wettbewerbsrecht als rechtsmissbräuchlich an. Denn ein wirtschaftlich denkender Unternehmer hätte keine Abmahnungen in diesem Umfang aussprechen lassen. Eine bereits ergangene einstweilige Verfügung wurde aufgehoben.
Nachdem wettbewerbsrechtliche Abmahnungen immer häufiger nicht mehr nur Mittel zu Verhinderung unlauterer Wettbewerbspraktiken sind, sondern zunehmend dazu dienen, Kosten für Anwälte zu generieren, ist dieses Urteil ein weiterer Schritt zur Unterbindung der rechtsmissbräuchlichen Nutzung von Abmahnungen.
Es ist daher insbesondere für Gewerbetreibende empfehlenswert, bei Erhalt einer Abmahnung nicht nur zu prüfen, ob tatsächlich ein wettbewerbswidriges Verhalten besteht, sondern auch, ob die Abmahnung möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs zurückgewiesen werden kann.
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