Beziehungen, die in Ermittlungsverfahren enden
Von schweren Straftaten nach dem Ende einer Beziehung wird öfters in der Presse berichtet. Viel häufiger sind aber Sachverhalte, wie dieser:
Die Geliebte hatte ein Hühnchen mit ihrem Liebsten zu rupfen. Sie steckte seiner Freundin, dass ihr Freund es mit der Treue nicht so ganz ernst meint. Und der Rosenkrieg begann.
Die betrogene junge Frau schrie und schubste. Der untreue Freund war sich seiner Schuld bewusst – Schuld hinsichtlich der Untreue und nicht im strafrechtlichen Sinn. Er blieb ruhig, versuchte zu deeskalieren. Es half nichts. Die zierliche junge Frau rief die Polizei.
Dass ihr – nunmehr – Ex als muskulös bezeichnet werden kann, reichte der Polizei für den Anfangsverdacht. Dagegen ist auch nichts zu sagen. Vor Ort kann man in einer derartigen Konfliktsituation selten sofort klären, wer Täter und wer Opfer ist.
Allerdings wurden später auch die weiteren Ermittlungen sehr einseitig zu Lasten meines Mandanten geführt.
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Verfahren nach dem GewSchG
Aufgrund von polizeilichen Maßnahmen war klar, dass ein Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz folgen würde.
Gewaltschutzgesetz
Das Gewaltschutzgesetz soll Person vor allen Formen von Gewalt im privaten und häuslichen Umfeld schützen. Es ist die Rechtsgrundlage für Schutzanordnungen des Familiengerichts bei Verletzungen von Körper, Gesundheit oder Freiheit einer Person.
§ 1 des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG) besagt:
„Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,
1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten“
Daneben sind weitere gerichtliche Anordnungen möglich.
Unabhängig davon gab ich meinem Mandanten den Rat, sich schnellstmöglich eine neue Wohnung zu suchen.
Denn bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation – wie hier – war absehbar, dass weitere Schwierigkeiten folgen würden.
Wegen der Bedeutung der Angelegenheit erfolgte die Terminierung für die Verhandlung nach dem GewSchG kurzfristig. Da noch nicht geklärt war, ob mein Mandant die ehemals gemeinsam genutzte Wohnung bis zum Gerichtstermin verlassen kann, gaben wir eine Gegenerklärung ab. Diese barg jedoch auch eine Gefahr – wir hatten zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von der Ermittlungsakte. Mein Mandant erklärte, das sei kein Problem und er werde die entsprechenden Vorgänge wahrheitsgetreu schildern. Seine Erklärung haben wir dem Familiengericht, das für Verfahren nach dem GewSchG zuständig ist, übermittelt.
Da mein Mandant am Tag der Verhandlung bereits aus der zuvor gemeinsamen genutzten Wohnung ausgezogen war, war für eine Entscheidung nach dem Gewaltschutzgesetz kein Raum mehr. Wir stritten letztendlich noch um eine Bratpfanne, die versehentlich mitgenommen wurde, oder auch nicht.
Strafverfahren wegen vors. Körperverletzung u.a.
Einige Wochen später erhielt ich Akteneinsicht in die Ermittlungsakte des Strafverfahrens.
Nicht zum ersten mal hatte ich Zweifel, ob dem zuständigen Ermittlungsbeamten die gesetzlichen Vorschriften in vollem Umfang bewusst waren.
Denn es gilt nicht nur die Unschuldsvermutung, sondern auch die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung gem. § 160 StPO. Danach sind nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln. Zu Letzterem findet man in einer Ermittlungsakte häufig nichts.
Die Erklärung meines Mandanten in dem Verfahren nach dem GewSchG entsprach offenbar der Wahrheit. Denn die Vorgänge konnten sich nicht so abgespielt haben, wie es seine Ex in der polizeilichen Vernehmung schilderte. Und dafür gab es Beweise.
Aufklärung der Widersprüche im Ermittlungsverfahren? Fehlanzeige!
Die Ermittlungsakte hinterließ bei mir den Eindruck, dass – nach dem für die Ex-Freundin nicht zufriedenstellenden Ergebnis des Verfahrens nach dem GewSchG – nun mit aller Macht versucht wurde, etwas zusammen zu zimmern.
Sie schilderte dem Polizeibeamten einige Vorgänge, die zu dem Verdacht weiterer Straftaten führten. Dabei ging es u.a. um Videoaufnahmen. In ihrer Zeugenaussage gab es offensichtliche Ungereimtheiten, die dem Polizisten aber nicht auffielen.
In meiner für den Mandanten abgegebenen Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft las sich das dann so:
Nun ja, im Eifer des Gefechtes wurde auch vergessen, dass die neuen Vorwürfe nur auf Antrag verfolgt werden können. Es gab aber keinen Strafantrag.
Einstellung Ermittlungsverfahren
In der Stellungnahme regte ich aus den o.a. und weiteren Gründen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO an.
Das bedeutet: Wenn die Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten, wird Anklage erhoben. Ist das nicht der Fall, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein
Der zuständige Staatsanwalt ist dieser Anregung gefolgt:
Bei der Einstellung im Ermittlungsverfahren gem § 170 Abs. 2 StPO ist das Verfahren erledigt. Die Begehung einer Straftat konnte nicht nachgewiesen werden.