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Filesharing: Bestreiten der IP-Adresse

Veröffentlicht am

Aktualisiert: 06.06.2023

Gesicht einer Frau, Datenstrom, blauer Hintergrund

Dieser Beitrag bezieht sich auf eine Einzelfallentscheidung und (nur) auf ein Auskunftsverfahren. Was das für ein gerichtliches Filesharing-Verfahren bedeutet, erfahren Sie unter Fazit.

Abmahnschreiben enthalten häufig die Formulierung, dass die betreffende IP-Adresse beweissicher ermittelt und dokumentiert wurde.

Doch nicht selten bestehen begründete Zweifel an der IP-Zuordnung, auf die sich bei Filesharing-Abmahnungen regelmäßig berufen wird. Eine Entscheidung des OLG Köln zeigt, dass Gegenwehr erfolgreich sein kann OLG Köln, Beschluss vom 10.02.2011 – 6 W 5/11.

Urheberrechtlicher Auskunftsanspruch

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war eine Anordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG (Auskunftsanspruch) des LG Köln. Diese hatte ein Rechteinhaber gegen einen Internetprovider erwirkt. Daher musste der Provider Auskunft über die Anschlussinhaber von 33 ermittelten IP-Adressen geben. Die Anschlussinhaber sollen angeblich in einem Zeitraum von vier Tagen das streitgegenständliche Filmwerk in Tauschbörsen zum rechtswidrigen Download angeboten haben.

Nach Ansicht der Antragstellerin sei eine der IP-Adressen zweifelsfrei zu einem bestimmten Zeitpunkt dem Beschwerdeführer zugeordnet gewesen. Er wurde darauf hin im Auftrag des Rechteinhabers abgemahnt. Allerdings wurde die gleiche IP-Adresse an zwei weiteren darauf folgenden Tagen registriert.

Der Abgemahnte hatte Beschwerde gegen den Beschluss des LG Köln eingelegt. Und er hat bestritten, dass die fragliche IP-Adresse zu dem angegebenen Zeitpunkt seinem Internetanschluss zugeordnet war. Seine Zweifel an einer fehlerfreien Ermittlung der Daten begründete er damit, dass bei einer dynamischen Vergabe der IP-Adresse eine Zuweisung an darauf folgenden Tagen unerklärlich ist. Er verwies darauf, dass vier weitere IP-Adressen der Liste mit einem Zeitabstand von mehr als 24 Stunden jeweils doppelt und fünf weitere Adressen an zwei verschiedenen Tagen aufgeführt wurden. Dabei wurde der zeitliche Abstand von 24 Stunden zum Teil nur um Sekunden unterschritten.

Darüber hinaus stellte der Beschwerdeführer die Werkqualität des Films, die Rechtsinhaberschaft der Antragstellerin und das Vorliegen eines gewerblichen Ausmaßes der Urheberrechtsverletzung in Frage.

Die Antragstellerin erklärte, dass die mehrfache Zuordnung der fragliche IP-Adresse unter verschiedenen Daten nicht unwahrscheinlich sei. Außerdem sei durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten festgestellt worden, dass die eingesetzte Ermittlungssoftware zuverlässige arbeite.

Die Beschwerde des Abgemahnten hatte Erfolg.

Zweifel an der fehlerfreien Ermittlung der IP-Adresse

Das Gericht stellte fest, dass es an der für die Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG erforderlichen Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung fehlt, weil erhebliche Zweifel an der zuverlässigen Ermittlung der IP-Adressen, die Gegenstand des Verfahrens waren, bestehen.

Es verwies darauf, dass der Internet-Provider IP-Adressen dynamisch vergibt und nach spätestens 24 Stunden eine Zwangstrennung des Anschlusses durchführt. Es sei davon auszugehen, dass der Anschlussinhaber dann grundsätzlich eine neue IP-Adresse erhält. Die mehrfache Zuordnung der gleichen IP-Adresse sei jedoch angesichts der zufälligen Vergabe und der Anzahl zur Verfügung stehender IP-Adressen höchst unwahrscheinlich. Damit sei nicht auszuschließen, dass die mehrfache Nennung gleicher IP-Adressen auf einem Fehler bei der Ermittlung, Erfassung oder Übertragung der IP-Adressen beruht.

Ermittlungssoftware

Das OLG wies in seinem Beschluss auch darauf hin, dass die Aussage der Antragstellerin zur Zuverlässigkeit der eingesetzten Ermittlungssoftware lediglich eine pauschale Behauptung darstellt und daher nicht geeignet ist, die Zweifel an der fehlerfreien Ermittlung der IP-Adresse auszuräumen.

Auch das Sachverständigengutachten führe zu keinem anderen Ergebnis. Denn es verweist lediglich darauf, dass die Software grundsätzlich geeignet ist, Rechtsverletzungen zu ermitteln. Aus dem Gutachten ergibt sich jedoch nicht, in welchem Umfang die Software überprüft wurde und ob Falschermittlungen ausgeschlossen sind. Auch Untersuchungen zur Funktionsweise der Software sind in dem Gutachten nicht dokumentiert. Es beruht auf rein empirischen Ermittlungen.

Filesharing: Bestreiten der IP-Adresse – Fazit

Es gibt verschiedene Ansatzpunkte, um sich erfolgreich gegen eine Abmahnung zu verteidigen. Das obige Urteil zeigt einen davon. Eine Analyse des Einzelfalls unter Einbeziehung der aktuellen Rechtsprechung ist oft die beste Reaktionsmöglichkeit auf eine Abmahnung.

In einem gerichtlichen Filesharing-Verfahren sollten Sie allerdings mit dem Bestreiten der IP-Adresse vorsichtig sein. Denn evtl. gibt das Gericht dann ein Gutachten in Auftrag, das sehr teuer ist. Daher sollte das Bestreiten der IP-Adresse – wenn überhaupt – nur zeitweise erfolgen. Im Zusammenhang mit anderen Beweisen und Argumenten kann das o.a. Urteil aber sowohl bei der Reaktion auf eine Abmahnung, als auch in einem gerichtlichen Filesharing-Verfahren als zusätzliches Argument verwendet werden.


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