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OLG Düsseldorf: Wirksamkeit von Filesharing Abmahnungen

Veröffentlicht am

Aktualisiert: 17.09.2022

Mann mit Schild: Stop

Auch für Filesharing Abmahnungen gelten Mindestanforderungen. Neben der Berechtigung des Abmahnenden zur Verfolgung der Rechtsverletzung müssen sie sich auch auf das konkret beanstandete Verhalten des Abgemahnten beziehen. D.h. sowohl die Tathandlung, als auch der beanstandete Rechtsverstoß müssen eindeutig angegeben werden.

Ohne hinreichend konkrete Darlegung ist die Abgabe einer wirksamen Unterlassungserklärung nicht möglich.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011, I-20 W 132/11

In dieser bemerkenswerten Entscheidung hatte das OLG über einen Antrag auf Erteilung von Prozesskostenhilfe eines wegen Filesharings Abgemahnten hinsichtlich der Zahlung von Abmahnkosten zu entscheiden. Und das OLG hat die Prozesskostenhilfe zugestanden.

Mindestanforderungen an Filesharing Abmahnungen

Mit sehr deutlichen Worten stellt das Gericht fest, dass eine von der Hamburger Kanzlei Rasch verschickte Abmahnung wegen der darin enthaltenen pauschalen Aussagen unwirksam ist. Sie ist als völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung anzusehen, für die keinerlei Abmahngebühren verlangt werden können. Das OLG führt dazu aus:

„Die Abmahnung der Klägerinnen genügte den an eine Abmahnung zu stellenden Mindestanforderungen nicht. Zur Abmahnung gehört, dass der Abmahnende (…) kundtut, weshalb er sich für berechtigt hält, den zu beanstandenden Verstoß zu verfolgen (…) Die Abmahnung muss mit hinreichende“r Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird. Auch wenn der Gläubiger Unterlassung nicht nur der konkreten Verletzungsform begehrt, muss er doch den Anlass der Beanstandung ganz konkret bezeichnen, damit der Schuldner weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet (…) Um ihren Zweck zu erfüllen, muss in der Abmahnung der Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, also die begangene Handlung, genau angegeben und der darin erblickte Verstoß so klar und eindeutig bezeichnet sein, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann.

(…) da eine Abmahnung, die den Verstoß nicht erkennen lässt und auch den bereitwilligsten Schuldner nicht in die Lage versetzt, eine wirksame Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, eine völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung darstellt. Zwar befreien Mängel der Leistung den Dienstberechtigten noch nicht vom Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten. Dies gilt jedoch nicht für eine Leistung, die für den Dienstberechtigten völlig unbrauchbar ist. Eine derartige Leistung steht der Nichtleistung gleich. In einem solchen Fall kann der Dienstberechtigte die Zahlung des Honorars verweigern oder die Rückerstattung des bereits gezahlten Honorars verlangen (KG, NJOZ 2011, 905 m. w. Nw.). Ein Grund, warum dieser im Bereich ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen seit langem anerkannte Grundsatz auf anwaltliche Dienstleistungen keine Anwendung finden sollte, ist nicht ersichtlich. Von daher fehlt jedenfalls insoweit an einem endgültigen Schaden der Klägerinnen.“

OLG Düsseldorf, I-20 W 132/11

Aktivlegitimation, sekundäre Darlegungslast

Das Gericht stellte ebenfalls klar, dass es nicht ausreichend ist, bei Filesharing Abmahnungen lediglich das Anbieten von Musikwerken über eine Internet-Tauschbörse abzumahnen. Vielmehr muss der Abmahnende darlegen, dass ihm die entsprechenden Rechte an den abgemahnten Werken tatsächlich zustehen:

„Vorliegend sind weder die Aktivlegitimation noch der Verstoß hinreichend dargelegt. Das Anbieten von 304 Audiodateien zum Herunterladen stellt alleine noch keinen Urheberrechtsverstoß da. Nicht jedes Angebot einer Audiodatei zum Herunterladen verletzt fremde Urheberrechte. Die Dateien können gemeinfrei oder mit einer allgemeinen Lizenz versehen sein. So ist es inzwischen nicht mehr ungewöhnlich, dass Interpreten ihre Stücke zur freien Verbreitung in das Internet einstellen. Zudem ist das Urheberrecht ein Ausschließlichkeitsrecht. Es ist jedem Inhaber von Urheberrechten selbst überlassen, ob er seine Rechte im konkreten Fall ausübt oder ob den Verletzer gewähren lässt. Ein Dritter kann diese Rechte nicht geltend machen (…) Entscheidend ist allein, ob und an welchen Titeln den Klägerinnen Rechte zustehen.“

OLG Düsseldorf, I-20 W 132/11

Immer wieder enthalten Abmahnschreiben Aussagen zur sekundären Darlegungslast der Abgemahnten. Allerdings würde das in der Konsequenz (fast) zu einer Beweislastumkehr führen. Auch dieser Praxis erteilt das OLG Düsseldorf eine klare Absage:

„Die Beklagte ist nicht gehindert, die Aktivlegitimation der Klägerinnen, das Anbieten der streitgegenständlichen Musikdateien über die IP-Adresse … und die Zuordnung dieser IP-Adresse zu ihrem Anschluss mit Nichtwissen zu bestreiten. Die Beklagte hat keinen Einblick in den Geschäftsbetrieb der Klägerinnen, des „Onlineermittlers“ und des Internetproviders. Die weitere Substantiierung des Klägervortrags ist für die Zulässigkeit des Bestreitens mit Nichtwissen irrelevant.“

OLG Düsseldorf, I-20 W 132/11

Rechtsfolgen der vorformulierten Unterlassungserklärung

Der Senat nahm darüber hinaus zu den Rechtsfolgen bei der Abgabe einer vorgefertigten und zu weitreichenden Unterlassungserklärung Stellung, wobei ausdrücklich die Anwendbarkeit des AGB-Rechts bestätigt wurde:

„Der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs kann vom Schuldner als Unterlassungserklärung nicht mehr verlangen, als was er durch eine Titulierung erreichen könnte. Eine Unterlassungserklärung, die auf das gesamte, nicht durch eine beigefügte Liste konkretisierte Musikrepertoire des Gläubigers gerichtet ist, verlagert das Risiko, ob ein unbekanntes Musikstück zum Repertoire des Gläubigers gehört, vollständig auf den Schuldner und benachteiligt ihn daher gegenüber einer titulierten Unterlassungsverpflichtung unverhältnismäßig. Im Falle einer vom Gläubiger für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Unterlassungserklärung ist eine gleichwohl abgegebene Verpflichtung daher nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Vom Unterlassungsgläubiger vorformulierte Unterlassungs- und Vertragsstrafeverpflichtungserklärungen unterfallen den Regelungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, NJW 1993, 721, 722).“

OLG Düsseldorf, I-20 W 132/11

Auch dieses Argument des OLG Düsseldorf ist nicht nur bemerkenswert sondern sehr zu begrüßen. Denn während in zivilrechtlichen- und anderen Verfahren die Verbraucher durch die Anwendung der Normen zum AGB-Recht einen gewissen Schutz genießen, war die Rechtsposition der Abgemahnten im Vergleich zu den Rechteinhaber bisher enorm schwach.


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