AG Kempten weist Klage des Herrn Sven Teschke, vertreten durch RA Dr. Müsse, ab
In dem Beitrag „Abmahnung RA Dr. jur. Müsse für Sven Teschke“ bin ich bereits auf die diesem Verfahren zugrundeliegende Abmahnung eingegangen und habe u.a. ausgeführt, dass ein Anspruch auf Schadensersatz bei einer Creative Commons Lizenz meines Erachtens nicht gegeben ist. Die Klägerseite war mit unserem Vergleichsvorschlag und der erfolgten Teilzahlung nicht einverstanden und hat Klage eingereicht.
Die Klage
Die Klage war in mehrfacher Hinsicht interessant: Einerseits handelte es sich um eine Stufenklage. D.h. es wurde zunächst Auskunft zur Bildnutzung und dann – im Ergebnis dieser Auskunft – Schadensersatz verlangt. Darüber hinaus machte der Kläger die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren abzüglich des durch meine Mandantschaft bereits gezahlten Betrages geltend. Zwar bestand nach unserer Auffassung kein Anspruch darauf. Aber meine Mandantschaft wollte mit der Teilzahlung den Urheber für die versehentliche Nichtnennung entschädigen. Allerdings wurde die Teilzahlung offenbar ausschließlich auf die Anwaltsgebühren angerechnet.
Nach unserer Auffassung war nicht nur die Abmahnung rechtsmissbräuchlich. Sondern wir hatten auch den Auskunftsanspruch bereits außergerichtlich erfüllt. In der Abmahnung wurde nur sehr allgemein Auskunft gefordert und die haben wir erteilt. Es ist nicht die Aufgabe des zur Auskunft Verpflichteten zu erraten, in welchem Umfang der Rechteinhaber konkret Auskunft begehrt. Ergänzend haben wir mit der Klageerwiderung Auskunft zur Nutzungsdauer erteilt.
Das Verfahren
Der Streitwert wurde von Klägerseite mit 500 € angegeben – ein Verfahren, in dem abzusehen war, dass Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen :-). Während die Gegenseite sich damit begnügte, Textbausteine zu verwenden, die offenbar aus anderen Verfahren stammten (und sich dabei mehrfach im Ton vergriff), haben wir ausführlich und sachlich argumentiert. Die diesem Verfahren zugrundeliegenden juristischen Fragen – insbesondere die Problematik „Schadensersatz bei Creative Commons Lizenz“ waren interessant und der Aufwand nach unserer Auffassung daher gerechtfertigt.
Ein – in Anbetracht des Streitwerts und der umfangreichen juristischen Problemstellungen verständlicher – gerichtlicher Vergleichsvorschlag zur Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von € 100,– wurde von uns angenommen. Wir hatten unsere Auffassung dargelegt, die Kostenbelastung war überschaubar und meine Mandantschaft und ich waren nicht an weiterem Streit interessiert. Die Gegenseite hat einen Vergleich abgelehnt.
Klageabweisung: Kein Schadensersatz bei Creative Commons Lizenz
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass
- bei einer Schadensberechnung nach der sog. Lizenzanalogie bei einer Creative Commons Lizenz kein Anspruch auf Schadensersatz besteht,
- die Abmahnung rechtsmissbräuchlich erfolgte und darüber hinaus
- die vorprozessuale Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich war.
Das Urteil des AG Kempten, Az. 6 C 111/15:
„Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
A. Die zulässige Stufenklage ist insgesamt unbegründet.
Ein insgesamt abschließendes Endurteil kann erlassen werden, wenn bereits auf der ersten Klagestufe feststeht, dass kein Hauptanspruch existiert (Greger in Zöller, 30. Aufl. 2014, § 254 ZPO Rn. 9).
I. Etwaige Auskunftsansprüche sind durch die Mitteilung der Beklagten über die Art und Weise der Bildnutzung in der Klageerwiderung vom 06.04.2015 bereits erfüllt.
ll. lm Wege der hier gewählten Methode der Schadensberechnung nach der sog. Lizenzanalogie ergibt sich für die Klägerseite kein Anspruch auf Schadensersatz.
Für den Fall, dass es zum Abschluss eines wirksamen Lizenzvertrages gekommen wäre, hätte die Klagepartei keinerlei Gebühren erhalten, da es sich um eine unentgeltliche Lizenz gehandelt hat. Folglich kann auch gem. § 97a Abs. 2 S. 2 UrhG kein fiktives Lizenzentgelt verlangt werden. Das Schadensrecht soll gem. § 249 Abs. 1 BGB nur denjenigen Zustand herstellen, der ohne das schädigende Ereignis bestünde. Eine Überkompensation ist dem deutschen Schadensrecht grundsätzlich fremd. ln diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob der Verletzer fremder Rechte im Rahmen seiner gewerblichen bzw. beruflichen Tätigkeit aktiv geworden ist oder nicht.
lll. Es besteht kein Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
Die vorprozessuale Abmahnung war rechtsmissbräuchlich. Selbst wenn die auf den 21.08.2014 datierende Abmahnung noch am Tag ihrer Niederschrift an die Beklagtenseite verschickt worden sein sollte, wäre die bis zum 28.08.2014 gesetzte Frist aufgrund der üblichen Postlaufzeiten viel zu kurz bemessen. Dem Abgemahnten muss wenigstens genügend Zeit gelassen werden, die Berechtigung der Abmahnung zu prüfen und Rechtsrat einzuholen. Aus diesem Grunde scheidet ein auf § 97 Abs. 3 UrhG gestützter Anspruch aus.
lm Übrigen hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er bereits eine Vielzahl ähnlich gelagerter Gerichtsverfahren durchgeführt habe und die Termine in der öffentlichen Sitzung grundsätzlich ohne die Hilfe eines Rechtsanwalts wahrnehme. Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Notwendigkeit der vorprozessualen Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht wirklich.“
Urteil des AG Kempten, Az. 6 C 111/15
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