Das Bundesverwaltungsgericht hat am 06.04.17 in zwei Fällen entschieden, unter welchen Voraussetzungen die Fahrerlaubnisbehörde ein MPU-Gutachten nicht verlangen kann.
Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)
Die MPU dient als Hilfe für die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis.
Sie umfasst drei Teile:
- die medizinische Untersuchung,
- ein psychologisches Gespräch und
- einen Reaktionstest am Computer zur psychofunktionalen Leistungsfähigkeit.
Die Durchführung der MPU dauert normalerweise nur drei bis vier Stunden.
Das Problem ist jedoch oft nicht die eigentliche Begutachtung, sondern die Tatsache, dass im medizinischen Teil Alkohol- oder Drogenmissbrauch geprüft werden. Dabei geht es darum, den Verzicht auf Alkohol oder Drogen nachzuweisen. Dieser Nachweis erfolgt über Drogenscreenings (Haar- und/oder Urinanalysen) bzw. Alkoholscreenings.
Normalerweise wird sich der Gutachter nicht mit Ihrer Erklärung zum Verzicht und einem einmaligen Screening zufrieden geben. Erfahrungsgemäß müssen Sie einen Verzicht über einen Zeitraum von ca. 1 Jahr (teilweise länger) durch Screenings nachweisen.
BVerwG zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheit
Aus der Pressemitteilung des BVerwG ergibt sich:
„Wenn keine weiteren Anzeichen für einen künftigen Alkoholmissbrauch vorliegen, darf nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht von der Beibringung eines MPU-Gutachtens abhängig gemacht werden.„
Allein die Tatsache, dass eine Trunkenheitsfahrt Gegenstand eines Strafverfahrens war, reicht nicht aus, um die Annahme von künftigem Alkoholmissbrauch zu begründen.
Im Verfahren BVerwG 3 C 24.15 hatte die Klägerin eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,28 Promille. Sie wurde wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB verurteilt. Das Gericht ging zudem davon aus, dass sie aufgrund dieser Tat zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Die Faherlaubnis wurde ihr nach § 69 StGB entzogen.
Ein vergleichbarer Sachverhalt lag dem Verfahren BverwG 3 C 13.16 zugrunde. Dort ging es um eine Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,13 Promille. Der Kläger wurde ebenfalls verurteilt. Und der Entzug der Fahrerlaubnis erfolgte aus den gleichen Gründen.
Entziehung im Strafverfahren kein Grund für MPU
Die beiden Autofahrer hatten jeweils ihre Fahrerlaubnis abgegeben und nach Ablauf der Sperrfristen die Neuerteilung beantragt. In beiden Fällen machten die jeweils zuständigen bayerischen Behörden die Neuerteilung des Führerscheins von der Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens abhängig.
Darauf hin klagten beide Autofahrer auf Erteilung der Fahrerlaubnis ohne vorherige MPU. Sie verloren in beiden Instanzen. In zweiter Instanz war jeweils der VGH München zuständig. Die Vorinstanzen hatten argumentiert, dass die Fahrerlaubnis nach Entziehung im Strafverfahren wegen einer Trunkenheitsfahrt erst nach Beibringung eines MPU-Gutachtens neu erteilt werden darf.
Das Bundesverwaltungsgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Es nimmt Bezug auf § 13 FeV und verweist darauf, dass die strafgerichtliche Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt keinen eigenständigen – von der 1,6 Promille-Grenze unabhängigen – Sachgrund für die Anforderung eines Gutachtens darstellt. In der Pressemitteilung wird dazu ausgeführt:
„Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV rechtfertigt eine einmalige Trunkenheitsfahrt ohne das Hinzutreten weiterer aussagekräftiger Tatsachen erst ab einer BAK von 1,6 Promille die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat die beklagten Behörden jeweils verpflichtet, den Klägern die beantragte Fahrerlaubnis auch ohne die Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens neu zu erteilen.
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