Betrügerische Abmahnungen erkennen
In den meisten Beiträgen auf dieser Seite, die Abmahnungen betreffen, steht, dass Sie eine Abmahnung ernst nehmen müssen. Das ist auch grundsätzlich richtig! Aber immer wieder werden unsere Mandanten auch mit Fake-Abmahnungen konfrontiert.
Das ist auch der Anlass dieses Beitrags. Denn vor einigen Tagen gab es eine Vielzahl von Fake-Abmahnungen per E-Mail, die angeblich von Rechtsanwalt Dr. Losert aus Berlin stammen sollen.
Anders, als bei der betrügerischen Abmahnung einer nicht existierenden Kanzlei Gromball aus Berlin, existiert dieser Kollege wirklich. Und er hat auch seinen Kanzleisitz in Berlin. Es handelt sich hier um Identitätsdiebstahl. Denn er ist weder verantwortlich für diese Abmahnungen, noch hat er sie verschickt.
Auffälligkeiten in der betrügerischen Abmahnung
Zunächst fällt auf, dass die Abmahnung in korrektem Deutsch verfasst wurde und auch die E-Mail-Adresse des Absenders (nur) auf den ersten Blick auf den Kollegen verweist. Allerdings ist eine Abmahnung wegen Filesharing per E-Mail ungewöhnlich.
In der E-Mail-Abmahnung befindet sich ein Link, der zu einer auffälligen URL führt. Zudem wird der Empfänger der betrügerischen E-Mail nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er diese Website unbedingt besuchen muss, „um weitere rechtliche Schritte zu vermeiden“.
Das Problem ist: Wenn Sie derartige E-Mails über das Handy aufrufen, sehen Sie die Ziel-URL nicht!
Anzeichen für Fake-Abmahnungen
Diese Hinweise gelten auch für betrügerische Mahnungen und Zahlungsaufforderungen.
1. Abmahnung wird per E-Mail verschickt
Die Rechteinhaber und Abmahnkanzleien in Filesharing-Angelegenheiten kennen Ihre E-Mailadresse normalerweise nicht (es sei denn, Sie haben zuvor selbst per E-Mail Kontakt aufgenommen).
Das kann aber bei Abmahnungen wegen anderer Urheberrechtsverletzungen anders sein. Wird z.B. die unbefugte Verwendung eines Bildes (Abmahnung Image Professionals GmbH durch Frommer Legal) auf Ihrer Website abgemahnt, steht Ihre E-Mail-Adresse normalerweise im Impressum. Ähnliches gilt für wettbewerbs– oder markenrechtliche Abmahnungen, wenn es um Rechtsverstöße auf Webseiten geht.
Allerdings verschickt eine seriöse Kanzlei Abmahnungen nicht ausschließlich per E-Mail. Bei Eilbedürftigkeit nehmen die Kanzleien zwar teilweise Kontakt per E-Mail auf. Sie weisen jedoch darauf hin, dass die Abmahnung auch auf dem Postweg verschickt wird. Und das setzen sie auch um.
2. E-Mail-Adresse des Absenders ist unseriös
Dieses Anzeichen allein deutet aber noch nicht auf eine betrügerische E-Mail hin. Zwar verwenden die meisten Anwaltskanzleien professionelle e-Mail-Adressen. Ich kenne aber mehrere Kollegen, die nach wie vor nur einen Account von einem kostenlosen E-Mail-Provider nutzen. (Ich habe auch einen derartigen Zweitaccount, nutze ihn aber nur, wenn ich den Verdacht habe, dass meine ursprüngliche E-Mail (von meinem professionellen Account) im Spam-Ordner des Empfängers gelandet ist).
Auffällig sind die Absender E-Mail-Adressen aber in jedem Fall, wenn sie eine Kombination merkwürdiger Zahlen oder Buchstaben enthalten.
3. Dubiose Links in der E-Mail
Hier gilt Ähnliches: Auch dieses Indiz allein weist nicht zwangsläufig auf eine betrügerische E-Mail hin. In der o.a. Fake-Abmahnung der nicht existierenden Kanzlei Grombal sahen Link-Text und Ziel-URL zwar professionell aus. Trotzdem war es Fake.
Bei dem Link in der Abmahnung, die angeblich von dem o.a. Kollegen stammen soll, ist das nicht der Fall: Der Link-Text erscheint professionell, die Ziel-URL ist aber dubios.
4. Fehlende oder nur kurze Angaben zum Sachverhalt + der rechtlichen Würdigung
Abmahnungen sind meist umfangreich und enthalten eine ausführliche rechtliche Würdigung sowie Hinweise auf gerichtliche Entscheidungen. Das gilt aber nicht unbedingt für die zweiten Schreiben nach einer Abmahnung. Daher kommt es auch hier auf die Gesamtbetrachtung aller Indizien an.
5. Grammatik und Rechtschreibfehler
Einzelne Fehler passieren auch einem Rechtsanwalt. Klingen Sprache und Stil der Abmahnung aber nach einem schlechten Übersetzungs-Tool, ist Vorsicht geboten.
6. Dubiose Anhänge
Selbstverständlich verschickt ein Anwalt auch E-Mails, in denen nur steht: „In der Anlage übersende ich Ihnen ein Dokument“. Das ist aber normalerweise nur der Fall, wenn vorher schon ein E-Mail-Kontakt mit dem Mandanten oder Gegner bestand.
Der Hinweis, dass das erforderliche weitere Vorgehen und die Zahlungsdetails sich aus einer Anlage ergeben, sollte Sie aber misstrauisch machen.
7. Fehlende Unterlassungserklärung
Auch dieses Anzeichen kann nicht für sich allein stehen. Denn die letzten – mir von meinen Mandanten übermittelten – Abmahnungen des RA Yussof Sarwari enthielten auch keine Unterlassungserklärung. Und die Abmahnungen sind echt. Aber diese Vorgehensweise eines echten Rechtsanwalts ist eher die Ausnahme.
8. Bankkonten im Ausland, dubiose Zahlungsmöglichkeiten
Anwälte (und auch Inkassofirmen) haben in der Regel ein Konto in Deutschland. Ein Anwalt wird Sie auch nicht auffordern, über Paypal oder mit Bitcoin zu zahlen.
Reaktion bei Verdacht einer Fake-Abmahnung
Treffen mehrere der o.a. Anzeichen zu, handelt es sich evtl. um eine Fake-Abmahnung. Aber wie sollten Sie darauf reagieren? Wie so oft gilt zunächst: Bewahren Sie die Ruhe und handeln Sie nicht vorschnell!
1. Suchen Sie im Internet nach der Abmahnkanzlei
Wenn Sie 175.000 Ergebnisse zu Abmahnungen eines bestimmten Anwalts (das ist beispielsweise bei RA Yussof Sarwari der Fall) erhalten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um eine echte Abmahnung handelt.
Bei Google werden bei der Suche nach einem Anwalt in der Desktopversion neben den Suchergebnissen auch Kurzinformationen zu seiner Website und Adresse angezeigt. Stimmt die Adresse und die URL der Website nicht mit den Angaben in der Abmahnung überein, ist das ein weiteres Indiz für eine Fake-Abmahnung.
Nutzen Sie auch das Amtliche Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer oder der regionalen Rechtsanwaltskammern für Ihre Suche. Dort sind alle in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte eingetragen.
Obwohl die Fristen in Abmahnungen kurz sind, lohnt sich manchmal auch eine spätere erneute Suche über das Internet. Denn wenn es sich – wie oben angegeben – um Identitätsdiebstahl oder nur eine scheinbare Namensgleichheit handelt, erscheinen normalerweise sehr schnell Beiträge von Kollegen, die auf die Fake-Abmahnungen hinweisen. Bei der o.a. aktuellen betrügerischen Abmahnung war der erste Beitrag eines Rechtsanwalts nur wenige Stunden nach Eingang der Abmahnung online.
Eine telefonische Kontaktaufnahme zur Abmahnkanzlei empfehle ich nicht. Es könnte sich auch um eine echte Abmahnung handeln. Und da ist das oft keine gute Idee.
2. Klicken Sie nicht auf betrügerische Links
Zwar können Sie diese evtl. auf einem Handy nicht erkennen. Aber wenn mehrere der o.a. Anzeichen vorliegen, öffnen Sie die E-Mail auf einem Desktop-Computer. Wenn Sie dann mit der Maus über den Link-Text fahren, sehen Sie die Ziel-URL. Ist diese dubios, klicken Sie nicht auf den Link.
Ein Rechtsanwalt, wird Sie nicht drängen, auf einen Link in seinem Schreiben zu klicken.
Verwendet er Links in E-Mails oder Abmahnungen, sind das nur Hinweise, die nicht zwangsläufig befolgt werden müssen. Das betrifft z.B. die Empfehlung, sich auf der Kanzlei-Website die (teilweise vermeintlich) erstrittenen Entscheidungen anzusehen oder Links zu Urteilen.
Kommt dieser Hinweis zu spät und Sie haben bereits auf einen betrügerischen Link geklickt, überprüfen Sie Ihr Gerät, ob sich darauf Schadsoftware befindet.
4. Geben Sie keine Daten auf betrügerischen Websites ein
Ein Anwalt verlangt nicht von Ihnen, dass Sie persönliche Daten auf einer Website eingeben. Die Nutzung von Online– oder Kontakt-Formularen ist freiwillig.
Kommt auch dieser Hinweis zu spät, ist die Handlungsempfehlung von der Art der eingegebenen Daten abhängig. Handelt es sich um Kontodaten, informieren Sie Ihre Bank und lassen Sie Ihr Konto sperren.
5. Öffnen Sie keine dubiosen Anhänge
Das gilt insbesondere für ZIP- und RAR-Archive. Und lassen Sie bei Word- oder Exel-Dokumenten das Ausführen von Makros nur zu, wenn Sie sich sicher sind, dass das erforderlich ist.
Wenn all Ihre Recherchen noch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis geführt haben, lassen Sie sich evtl. anwaltlich beraten. Ein Anwalt, der auch im IT-Recht tätig ist, erkennt dubiose Anhänge. Und er hat außerdem weitere Möglichkeiten herauszufinden, ob eine Abmahnung echt ist.
Weitere Maßnahmen
In den letzten Jahren gab es mehrere umfangreiche Datenlecks u.a. im Bereich Social-Media. Die mir vorliegende o.a. Fake-Abmahnung, die auf Identitätsdiebstahl beruht, enthält einige korrekte, teilweise jedoch veraltete persönliche Daten des Empfängers der E-Mail. Das deutet darauf hin, dass die Daten aus einem dieser Lecks stammen.
Ändern Sie in einem solchen Fall Ihre Passwörter bei den von Ihnen genutzten Social-Media- und E-Mail-Accounts. Verwenden Sie keine Passwörter doppelt.
Wenn Sie sicher sind, dass es sich um eine Fake-Abmahnung oder -Zahlungsaufforderung handelt, müssen Sie nicht darauf reagieren.
War der Abmahnung eine Unterlassungserklärung beigefügt oder gibt es Anzeichen dafür, dass die Abmahnung echt ist, lassen Sie sich ggf. anwaltlich beraten.
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