Die Abmahnungen des RA Yussof Sarwari betreffen Filme mit pornographischem Inhalt. Er wird sowohl für die Berlin Media Art JT e.K., als auch für die VPS Film-Entertainment GmbH tätig. Seine Abmahntätigkeit ist – seit Jahren – umfangreich.
Ich vermute, dass einige Empfänger dieser Abmahnungen vorschnell zahlen, weil sie wegen der Porno-Abmahnung diskret vorgehen wollen. Meine Vermutung ergibt sich daraus, dass ohne derartige Zahlungen dieses spezielle Abmahngeschäft schon vor Jahren „den Bach runter gegangen“ wäre.
Es besteht jedoch kein Grund zur Panik! Denn es gibt einige Verteidigungsmöglichkeiten gegen die Vorwürfe in der Abmahnung.
Die Abmahnung der Kanzlei Sarwari
Die Abmahnung unterscheidet sich kaum von den Schreiben anderer Abmahnkanzleien. Es wird – wie so oft – mit veralteter Rechtsprechung argumentiert und ein Drohszenario aufgebaut.
Veraltete Rechtsprechung
Für den Nachweis, dass es sich bei dem abgemahnten Werk um eine persönlich geistige Schöpfung und urheberrechtlich geschützte Laufbilder handeln soll, hatte RA Sarwari jahrelang Bezug auf ein Urteil des OLG Hamburg von 1984 genommen.
Zwar ist die Bezugnahme auf ältere Urteile durch Rechtsanwälte nicht unüblich, aber meist handelt es sich dann um Rechtsfragen, zu denen es nur wenige Urteile gibt. Das ist beim Urheberrecht allerdings nicht der Fall, denn in den vergangenen 36 Jahren sind eine Vielzahl Filesharing-Urteile ergangen – auch zu den Fragen “persönlich geistige Schöpfung“ und „urheberrechtlich geschützte Laufbilder”.
Ich vermute, dass nicht nur ich meine Belustigung über diese Passage in meinem Antwortschreiben an ihn zum Ausdruck gebracht habe. Denn mittlerweile hat er diesen Textblock angepasst. Auf weitere Passagen der Abmahnung trifft das nicht zu.
Störerhaftung
Denn in einem weiteren Absatz der Abmahnung weist RA Sarwari auch weiterhin ausschließlich auf veraltete Rechtsprechung hin. Er nimmt Bezug auf das Filesharing-Urteil des BGH, I ZR 121/08, „Sommer unseres Lebens“. Aber danach gab es mehr als 10 weitere Filesharing-Urteile des BGH, in denen der BGH seine Auffassung zur Störerhaftung und anderen relevanten Fragen konkretisiert hat.
Daher sind die weiteren Ausführungen des RA Sarwari zu verschiedenen Urteilen aus den Jahren 2005 bis 2007 auch falsch. Denn sowohl die Frage der „tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers“, als auch der Problemkreis der „Störerhaftung“ wurden durch den BGH u.a. in den Urteilen I ZR 74/12 – „Morpheus“, I ZR 169/12 – „BearShare“, I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook, I ZR 220/15 – „WLAN-Schlüssel“, I ZR 154/15 – „Afterlife“ und I ZR 68/16 – Ego Shooter-Computerspiel modifiziert und konkretisiert.
Die Ausführungen des RA Sarwari zur Störerhaftung stehen im Widerspruch zur aktuellen Rechtsprechung in Filesharing-Angelegenheiten!
Und genau in dieser Rechtsprechung liegt u.a. das Verteidigungspotential gegen eine Abmahnung des RA Sarwari (und andere Filesharing-Abmahnungen).
Abmahnung RA Sarwari: Lizenzschaden
In der Abmahnung wird der Lizenzschaden mit 600,00 € beziffert. Zwar beurteilen die Gerichte die Höhe des Lizenzschadens nicht einheitlich, aber der hier angegebene dürfte zu hoch bemessen sein.
So hat z.B. das AG Düsseldorf (Az.: 57 C 16445/13) einen Betrag i.H.v. 123,00 € als angemessene Entschädigung für den Rechteinhaber eines illegal zum Upload zur Verfügung gestellten Pornofilms erachtet.
Vergleichsangebot
Nach einer ausführlichen Berechnung kommt RA Sarwari dann zu dem Ergebnis, die behauptete Forderung würde (inklusive Anwaltsgebühren) 870,99 € betragen.
Und um dem Abgemahnten die Entscheidung zu „erleichtern“ wird dann vergleichsweise „lediglich“ ein Betrag i.H.v. 650,00 € gefordert.
Aber Vorsicht! Das ist eine übliche Masche der Abmahner:
Abmahnungen werden meist so verschickt, dass diese an einem Sonnabend bei dem Abgemahnten eingehen. Es wird in den Schreiben ein erheblicher Druck aufgebaut (hier u.a. durch veraltete bzw. überholte Rechtsprechung) und der Abgemahnte kann sich am Wochenende nicht anwaltlich beraten lassen. Zudem sind die Fristen meist sehr kurz.
Bei einem Vergleich kann der Abmahnanwalt aber die Zahlung wesentlich leichter gerichtlich durchsetzen, als bei einer Filesharing-Klage – selbst, wenn der Vergleich unter Druck zustande gekommenen ist. Die üblichen Einwände in Filesharing-Sachen können bei einem Vergleich meist nicht geltend gemacht werden. Ein Vergleich ist ein Vertrag. Und Verträge müssen eingehalten werden.
Daher kann ich nicht empfehlen, den Vergleich anzunehmen.
Abschließende Drohung
Das Ziel der abschließenden Drohung
„Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, bis auf Härtefälle, ausnahmslos alle Fälle, in denen keine außergerichtliche Einigung erfolgt, gerichtlich geltend gemacht werden.“
Zitat aus der Abmahnung
ist eindeutig: Der Abgemahnte soll damit – einmal mehr – unter Druck gesetzt werden, damit er dem vermeintlich „großzügigen“ Vergleich zustimmt. Und Gespräche mit Mandanten zeigen leider, dass derartige Drohungen – selbst nach den massenhaften Veröffentlichungen im Internet – teilweise noch erfolgreich sind.
Aber diese Drohung dürfte nicht bzw. kaum umsetzbar sein.
Gerichtliche Geltendmachung geht zwar auch über einen Mahnbescheid. Der Zeitaufwand ist dann gering, die Kosten überschaubar. Eine Vielzahl von Mahnbescheiden ist denkbar und hier auch tatsächlich relevant. Denn RA Sarwari beantragt häufig Mahnbescheide.
Aber dass er nach einem Widerspruch gegen einen Mahnbescheid in allen Verfahren klagt, halte ich kaum für möglich. Das schafft nicht einmal die Kanzlei Frommer Legal. Diese klagt zwar vergleichsweise häufig, ist aber anders organisiert und hat mehr Kapazitäten, als der Einzelanwalt Sarwari.
Filesharing-Verfahren erfordern (nach meinen Erfahrungen) einen erheblichen Arbeitsaufwand, dem aufgrund des geringen Streitwertes ein sehr geringes Honorar gegenüber steht. Selbst bei Honorar-Vereinbarungen mit dem behaupteten Rechteinhaber, wäre eine Klage in jedem Verfahren für beide (RA Sarwari und Berlin Media Art bzw. VPS Film-Entertainment GmbH ) wirtschaftlicher Unfug.
Mit Zahlungen aufgrund der Abmahnungen können sie leichter und schneller Geld verdienen.
Daher ist die obige Drohung ein (schlechter) Witz!
Reaktion auf die Abmahnung
In dem Beitrag zur Abmahnung The Big Bang Theory finden Sie Hinweise zu erforderlichen Nachforschungen und darunter zu Reaktionsmöglichkeiten. Der Beitrag wurde zwar ursprünglich 2015 veröffentlicht, aber seit dem mehrfach aktualisiert.
- Lassen Sie sich durch die Drohungen in der Abmahnung nicht einschüchtern.
- Unterschreiben Sie nicht vorschnell einen Vergleich.
- Meist ist die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung sinnvoll.
- Die gesetzten Fristen sollten eingehalten werden, weil evtl. eine einstweilige Verfügung droht.
Weitere Informationen zu Abmahnungen finden Sie
- in den „FAQ Abmahnung“ (Antworten auf häufige Fragen zu Abmahnungen),
- unter Störerhaftung (mit Hinweisen zur „tatsächlichen Vermutung der Täterschaft„, der „sekundären Darlegungslast“ und zu „Filesharing von Minderjährigen„),
- unter Filesharing Abmahnung und unter
- Rechteinhaberin DigiRights Administration GmbH. Dieser Beitrag enthält ein umfangreiches Update zum Urteil des EuGH vom 17.06.2021 (C-597/19). Aus diesem ergeben sich neue Verteidigungsansätze.
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Hier ist Ende letzter Woche ein Schreiben vom Amtsgericht Berlin angekommen. Ich hatte vorher eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und die Anschuldigung ohne weitere Erklärungen zurückgewiesen.
Sehr geehrte Frau Andresen,
vielen Dank für den aufschlussreichen Beitrag. Ich selbst bin betroffen und wurde von Herrn Sarwari und Hernn Schmiedenknop abgemahnt. Hilfe habe ich mir bei der Verbraucherzentrake geholt, die dortige Juristin hat mir bisher gut geholfen und ähnlich argumentiert wie Sie. Eine Unterlassungserklärung haben wir bisher nicht abgegeben, da ich auch der festen Überzeugung bin, die angegebnen Filme bzw. Dateien nie auf meinen Rechner hatte und auch sonst keiner aus der Familie die Rechtsverletzung begangen hat. Trotzdem macht mich dies etwas nervös, da ich natürlich eine einstweilige Verfügung nicht provozieren möchte. Enttäuscht bin ich von den Richtern in Köln, die meiner Meinung nach, ohne echte Prüfung die Herausgabe der Adressen von der Telekom legalisiert,
Mit freundlichen Gruß
Michael
Hallo Michael,
vielen Dank für Deinen Erfahrungsbericht! Mich hat es nun leider auch erwischt. Der abgemahnte Film ist mir nicht bekannt. Das scheint eine Masche von Herrn Sarwari zu sein. Eventuell sind seine Ermittlungen oberflächlich, ganz bestimmt aber leichthin.
Wie ging es denn in Deiner Sache weiter? Dein Erfahrungsbericht ist ja bereits 5 Monate her. Musstest Du Dir mittlerweile einen rechtlichen Beistand suchen, oder kommen noch immer Briefe von Herrn Sarwari ins Haus? Beantwortest Du diese jedes Mal fristgerecht und immer mit Dementi?
Über ein kurzes Update würde ich mich freuen. Ich bin unsicher, ob ich alleine gegen ihn vorgehen will und ob ich doch vorsichtshalber eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben soll.
Tausend Dank und beste Grüße
Martin
Hallo Martin,
Wie ging denn bei dir die Sache weiter?