Die Filesharing-Abmahnung des RA Sebastian betrifft das Album „Welcome To DJ Antoine. Rechtsanwalt Daniel Sebastian ist bereits seit Jahren aktiv auf dem Gebiet urheberrechtlicher Abmahnungen im Auftrag der DigiRights Administration GmbH tätig. Wobei er – nach meiner Einschätzung – in den letzten Jahren seine Abmahntätigkeit ausgeweitet hat.
Den Abmahnungen liegt der unerlaubte Download bzw. Upload von urheberrechtlich geschützten Werken, die in Filesharing Systemen angeboten worden sein sollen, zugrunde. Dadurch wird das Vervielfältigungsrecht gem. § 16 UrhG verletzt.
Mittlerweile befinden sich auf der Liste abgemahnter Titel hunderte Werke, von denen die DigiRights Administration GmbH behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte zu sein.
Allerdings ist es erstaunlich, dass DigiRights derart umfassende Urheberrechte besessen haben soll, denn lt. Auskunft der zuständigen Gerichtsvollzieherin besaß die GmbH unter der angegebenen Firmenadresse zeitweise weder Büroräume noch einen Briefkasten (siehe: Abmahnung DigiRights Administration GmbH).
Abmahnung für Welcome To DJ Antoine
Eine Abmahnung von Rechtsanwalt Daniel Sebastian betrifft das Musikalbum „Welcome To DJ Antoine“, auf dem sich 47 Titel befinden sollen.
Jedoch ergab meine Internetrecherche keinen Treffer für die Suche nach einem Album mit der o.a. Bezeichnung und der angegebenen Anzahl von Songs. Auf der Doppel-CD sind weniger Titel enthalten, auf dem 3-CD-Set, weitaus mehr. Außerdem gibt es offenbar verschiedene Versionen, sowohl der Doppel-CD als auch des 3-CD-Sets.
Die der Abmahnung beigefügte vorgefertigte Unterlassungserklärung ist daher zu weit gefasst. Denn sie enthält keine Angaben zu den Titeln. Und sie gibt nicht an, für welches Album die Unterlassungserklärung abgegeben werden soll. Außerdem enthält sie ein Schuldanerkenntnis und die Verpflichtung zur Zahlung der Vergleichssumme.
Die Unterlassungserklärung sollte in der vorliegenden Form auf keinen Fall abgegeben werden.
Das Abmahnschreiben folgt dem bekannten Muster: Durch Angabe verschiedener – teils älterer – Urteile und überhöhter Gegenstandswerte sowie einen Hinweis auf die mögliche Strafbarkeit der Urheberrechtsverletzung wird ein Drohszenario aufgebaut, das den Abgemahnten veranlassen soll, die Forderungen von RA Sebastian (Abgabe der Unterlassungserklärung und Zahlung eines Vergleichsbetrages in Höhe von EUR 1.250,00) ungeprüft zu erfüllen.
Rechtsanwalt Sebastian führt u.a. aus:
„Die Anwaltskosten richten sich regelmäßig nach dem Streitwert. Dieser ist für das Filesharing nur einer Tonaufnahme mit 10.000,00 EUR (es folgen verschiedene Urteile – Anm. d. Autor) anzusetzen. Vorliegend wurden von Ihnen die Rechte an 47 Titeln meiner Mandantschaft verletzt. Die Gegenstandswerte sind entsprechend zu addieren, so dass vorliegend von einem Streitwert in Höhe von 470.000,00 EUR auszugehen ist.“
Zitat aus der Abmahnung – Unterstreichung durch mich
Das ist mal ein Streitwert! Der toppt sogar noch seine Angaben für Kontor.
Streitwert – Urteile
Zwar ist die Rechtsprechung auf dem Gebiet der Filesharing-Abmahnungen auch hinsichtlich der Höhe der Streitwerte nicht einheitlich. Aber es gibt verschiedene Entscheidungen, die zu einer anderen Streitwertbemessung kommen. So hat beispielsweise das OLG Köln mit Urteil vom 23.12.2009 (Az.: 6 U 101/09) entschieden:
„Die Abmahnung diente dem Ziel, ein weiteres Anbieten von zu Gunsten der jeweiligen Klägerin geschützten Musiktiteln im Internet zum Download zu verhindern. Dieses Interesse ist nicht in mathematischer Abhängigkeit von der Anzahl der in das Netz gestellten Titel zu bemessen, vielmehr sind die Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.“
Und auch das AG Elmshorn setzt in seinem Urteil vom 19.01.2011 (Az. 49 C 57/10) den Streitwert in einer Höhe fest, die den utopischen Angaben des RA Sebastian keinesfalls entspricht:
„In Anbetracht der Tatsache, dass vorliegend der Vorwurf auf das online Stellen von 12 Titeln eines Albums lautete, andererseits aber das Album recht aktuell war und damit die Gefahr höherer Download-Zahlen beinhaltete, schätzt das Gericht den Streitwert auch unter Berücksichtigung der weiteren durch das OLG Köln dargestellten Kriterien auf 2.000,00 EUR.“
Der BGH (I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens“) sowie das OLG Frankfurt (in der gleichen Sache nach der Zurückverweisung) gehen von einem Streitwert von 2.500,– € für einen Tonträger aus.
Das OLG Köln (6 U 67/11) ging bei 1147 Musiktiteln von einem Gegenstandswert von 200.000 € aus. Nochmals zum Vergleich: RA Sebastian nimmt bei 47 Titeln einen Gegenstandswert von 470.000,– € an und behauptet auch noch (falsch), das sei ständige Rechtsprechung!
Filesharing-Abmahnung: Forderung des RA Sebastian:
RA Sebastian gelangt schließlich zu dem Ergebnis, dass die Anwaltskosten für die Abmahnung bis zu 4.337,00 EUR netto betragen und der Schadensersatz, den er ebenfalls durch schlichte Multiplikation ermittelt, mit 14.000 EUR anzusetzen wäre.
Wie beruhigend, dass er nach dem fett gedruckten Hinweis:
„Ich halte fest, dass somit neben dem Unterlassungsanspruch Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche meiner Mandantschaft gegen Sie in Höhe von über 18.000,00 EUR in Betracht kommen. Zusätzlich (…) steht Ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit im Raum. Weiterhin sehen Sie sich der Gefahr von gerichtlichen Verfahren, die weitere, nicht unerhebliche, Kosten produzieren werden, gegenüber.“
„nur“ noch die Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von 1.250,00 EUR verlangt.
Filesharing-Abmahnung RA Sebastian – Reaktion
Auch wenn der Rechtsverstoß begangen wurde, sollte grundsätzlich nicht unüberlegt auf die Forderung von RA Daniel Sebastian eingegangen werden.
Die Verletzung von Urheberrechten muss zu Konsequenzen führen – ich denke, das steht auch für die meisten Abgemahnten außer Frage. Allerdings spielt in der derzeitigen Praxis bei Filesharing-Abmahnungen der Schutz von Urheberrechten erfahrungsgemäß oft nur noch eine untergeordnete Rolle. Es hat sich ein Geschäftsmodell entwickelt, das in erster Linie darauf abzielt, überdurchschnittlich hohe Einnahmen zu erzielen.
Da sowohl die dem Vergleichsangebot zugrunde gelegte Schadensersatzforderung als auch die vermeintlichen Rechtsanwaltsgebühren in dieser Sache viel zu hoch sind, ist es auch bei einer an sich berechtigten Abmahnung empfehlenswert, sich entweder durch anwaltliche Beratung oder im Internet über die Möglichkeiten einer erfolgreichen Verteidigung gegen unberechtigte Forderungen zu informieren.
Auf dieser Website finden Sie weitere Hinweise zu möglichen Reaktionen auf Filesharing-Abmahnungen u.a. unter Abmahnung Danza Kuduro und Abmahnung FAREDS – Glasperlenspiel.
Die Beiträge zu RA Daniel Sebastian, die verschiedene Gesichtspunkte betreffen und mehrfach aktualisiert wurden, haben wir in einem Blogbeitrag zusammen gefasst >> Rechtsanwalt Daniel Sebastian.
Weitere Informationen zu Abmahnungen finden Sie
- in den „FAQ Abmahnung“ (Antworten auf häufige Fragen zu Abmahnungen),
- unter Störerhaftung (mit Hinweisen zur „tatsächlichen Vermutung der Täterschaft„, der „sekundären Darlegungslast“ und zu „Filesharing von Minderjährigen„),
- unter Filesharing Abmahnung und unter
- Rechteinhaberin DigiRights Administration GmbH. Dieser Beitrag enthält ein umfangreiches Update zum Urteil des EuGH vom 17.06.2021 (C-597/19). Aus diesem ergeben sich neue Verteidigungsansätze.
Die Rechtsprechung des BGH zu Filesharing-Abmahnungen haben wir in einem Blog-Beitrag zusammen gefasst >> Filesharing-Urteile des BGH – „Loud“, „Afterlife“, „BearShare“ u.a..
Sie haben eine Abmahnung erhalten und möchten sich anwaltlich beraten oder vertreten lassen? Wir haben langjährige und umfangreiche Erfahrungen in diesem Bereich. Und wir helfen Ihnen schnell und unkompliziert.
Wir beraten und vertreten Sie bundesweit.