Uns liegt nicht nur eine Abmahnung von IPPC Law vor, sondern eine Vielzahl. Aber diese weist besondere Auffälligkeiten auf.
Fehler in der Abmahnung
In der Abmahnung und der vorformulierten Unterlassungserklärung wird die AYLO Premium Ltd. als angebliche Rechteinhaberin benannt. Es geht um einen Porno-Film.
Der der Abmahnung beigefügte Vergleich soll jedoch mit der MG Premium Ltd. geschlossen werden.
Das Haupt- (aber nicht das einzige) Problem dieser Abmahnung betrifft daher die Frage, in wessen Namen abgemahnt wird bzw. wer hier die Rechteinhaberin sein soll (Update).
Abmahnung von IPPC Law: Wer ist Rechteinhaber?
Abgesehen davon, dass Sie den von der Kanzlei IPPC Law vorgeschlagenen Vergleich – aus verschiedenen Gründen – grundsätzlich niemals unterschreiben sollten, sollten Sie auch in diesem Fall (vorerst) keine Unterlassungserklärung abgeben.
Denn als Anschlussinhaber haben Sie zwar verschiedene Pflichten. Allerdings gehört dazu nicht die Aufgabe herauszufinden, wer hier die Rechteinhaberin sein soll.
Gem. § 97a UrhG muss in einer Abmahnung in klarer und verständlicher Weise u.a. die Firma des Verletzten (d.h. des Rechteinhabers) angegeben werden. Das ist hier nicht der Fall, da zwei Firmen benannt werden.
Denn der Vergleichsvorschlag der Kanzlei IPPC Law ist Bestandteil der Abmahnung. Und aus diesem ergeben sich – aus den o.a. Gründen – Zweifel hinsichtlich der Rechteinhaberschaft.
Fazit: Es ist nicht Ihre Aufgabe, den Job der Abmahnkanzlei zu machen.
Ich habe Zweifel an der Wirksamkeit der Abmahnung. Allerdings gibt es wenig Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Filesharing Abmahnungen. Denn eine derartige Blöße geben sich (andere) Abmahnkanzleien eher selten.
Update 21.10.23
Auf meinen Hinweis zu den o.a. Zweifeln zum Rechteinhaber hat RA Daniel Sebastian – der Geschäftsführer von IPPC Law – mir mittlerweile mitgeteilt, dass es eine Umfirmierung gab: Aus der MG Premium Ltd. wurde die AYLO Premium Ltd.
Das ändert jedoch nichts daran, dass Sie zunächst die o.a. Hinweise befolgen sollten, wenn die Abmahnung, die Sie erhalten haben, keine eindeutigen Angaben zum Rechteinhaber enthält.
Wenn die Frage der Rechteinhaberschaft geklärt ist, sollten Sie evtl. eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben.
Unvollständige und teils veraltete Rechtsprechung
Das ist nicht neu und typisch für Abmahnungen des RA Daniel Sebastian (er ist der Geschäftsführer der Kanzlei IPPC Law). Er argumentiert u.a. mit dem Filesharing-Urteil des BGH, I ZR 121/08 (Sommer unseres Lebens).
Allerdings hat der BGH seine Auffassung zum Anscheinsbeweis einer Täterschaft des Anschlussinhabers mit den Entscheidungen I ZR 74/12 – „Morpheus“, I ZR 169/12 – „BearShare“ und I ZR 86/15 – „Silver Linings Playbook“ konkretisiert und ergänzt. Daraus folgt, dass der Anscheinsbeweis nicht gilt, wenn der Anschluss auch von anderen Personen genutzt wird.
Das gilt ebenso für das Urteil des BGH, I ZR 154/15 – „Afterlife“, in dem der BGH zu wichtigen Grundsatzfragen in Filesharing-Verfahren Stellung genommen hat.
Sekundäre Darlegungslast?
In der Abmahnung von IPPC Law wird auch mehrfach ausgeführt, dass Sie (angeblich bereits zu diesem Zeitpunkt) eine sekundäre Darlegungslast trifft. D.h.: Sie sollen der Abmahnkanzlei ausführlich mitteilen, warum Sie nicht der Täter dieser (angeblichen) Urheberrechtsverletzung sind.
Aber das müssen Sie nicht in jedem Fall!
Denn der BGH hat in dem Urteil I ZR 228/19, “Saints Row”, entschieden, dass den Abgemahnten außergerichtlich nicht in jedem Fall eine Aufklärungspflicht trifft. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.
In dem dem BGH vorliegenden Verfahren war zu berücksichtigen, dass der – anwaltlich beratene – Abgemahnte eine Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Schuldeingeständnis abgegeben hatte. Darüber hinaus hatte er bestritten, der Täter zu sein.
Liegen diese Voraussetzungen vor, muss der Abgemahnte der Abmahnkanzlei keine weiteren Informationen geben. Denn der BGH hat auch klar gestellt, dass die sekundäre Darlegungslast erst in einem Gerichtsverfahren gilt.
Weitere Auffälligkeiten in der Abmahnung
Gem. § 97a Abs. 2 Ziff. 1, 3 UrhG müssen in einer Abmahnung u.a. auch die geltend gemachten Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufgeschlüsselt werden.
Geltend gemacht werden durch die abmahnende Kanzlei aber lediglich Vergleichsbeträge. Der Abgemahnte soll sich aus den Textbausteinen, die für mehrere Varianten zutreffen, offenbar aussuchen, welche Variante für ihn relevant sein könnte.
Dazu kommt: Die Beispielrechnungen sind fehlerhaft. Das gilt insbesondere für die anteiligen Kosten des Auskunftsverfahrens, die mit mindestens 569,75 € beziffert werden. Erfahrungsgemäß liegen einem Auskunftsverfahren mindestens 100 IP-Adressen zugrunde.
Das würde zu Verfahrensgebühren i.H.v. von 56.975,– € führen, was niemals der Fall ist.
Reaktion auf die Abmahnung
Wie sollten Sie bei einer Filesharing-Abmahnung reagieren? Hinweise dazu finden Sie u.a. unter Abmahnung IPPC Law und Abmahnung Danza Kuduro. Die Kurzfassung:
- nehmen Sie die Abmahnung ernst,
- halten Sie die Frist ein,
- geben Sie die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung nicht ab,
- nehmen Sie keinen telefonischen Kontakt zur Abmahnkanzlei auf,
- unterschreiben Sie niemals ein Vergleichsangebot,
- geben Sie evtl. eine modifizierte Unterlassungserklärung fristgerecht ab und
- geben Sie keine weiteren Informationen preis.
Zu RA Daniel Sebastian (dem Geschäftsführer von IPPC Law) haben wir mehrere Artikel veröffentlicht, die verschiedene Gesichtspunkte betreffen und mehrfach aktualisiert wurden. Diese haben wir in einem Beitrag zusammen gefasst >> Rechtsanwalt Daniel Sebastian.
Hinweise zur Rechtsprechung des BGH zu Filesharing-Abmahnungen finden Sie in dem Blog-Beitrag >> Filesharing-Urteile des BGH – „Loud“, „Afterlife“, „BearShare“ u.a..
Weitere Informationen zu Abmahnungen finden Sie
- in den „FAQ Abmahnung“ (Antworten auf häufige Fragen zu Abmahnungen),
- unter Störerhaftung (mit Hinweisen zur „tatsächlichen Vermutung der Täterschaft„, der „sekundären Darlegungslast“ und zu „Filesharing von Minderjährigen„),
- unter Filesharing Abmahnung und unter
- Rechteinhaberin DigiRights Administration GmbH. Dieser Beitrag enthält ein umfangreiches Update zum Urteil des EuGH vom 17.06.2021 (C-597/19). Aus diesem ergeben sich neue Verteidigungsansätze.
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